Ohne Corporate Identity keine starke Marke. Aber CI bedeutet nicht nur ein Logo und ein Erscheinungsbild zu haben, sie umfasst noch viel mehr. Eine Marke ist ein Zeichen und verwendet eine bestimmte Sprache, eine Zeichensprache. Und diese umfasst weit mehr als nur das äußere Erscheinungsbild. Es umfasst alle Faktoren, die auch auf die Reputation einzahlen: Auftreten, Handlungen, Verhaltensweisen, Wording, aber auch Rituale und Routinen haben Zeichencharakter. Die transportierten Zeichen müssen stimmig sein in ihrer Bedeutung, um eindeutig einer Marke zugewiesen werden zu können.
Unsere Welt wird durch Marken-Zeichen mitgeprägt. Und die Realität des Marktes ist geprägt von der Kommunikation unterschiedlicher Bedeutungen. Bedeutungen, die durch Design und Kommunikation zustande kommen. Die Positionierung von Marken geschieht durch Zeichensetzung – Abgrenzung durch die Wahl eines bestimmten Zeichensystems. Die Menschen erschaffen die Realität des Marktes durch ihre Gedanken und Assoziationen zu den Zeichensystemen.
Wir kaufen uns mit den Marken Bedeutungen – mit einem BMW kauft man sich Dynamik, mit einem Puma-Schuh Sportlichkeit, mit einem Activia Gesundheit usw. Wir kaufen, was uns zur Erreichung unserer Lebensziele weiterhilft, in unsere Motiv- und Wertewelt passt und unser eigenes Image „aufmöbelt“..
Semantische Wertewelt der Automobile
Im Folgenden behandle ich exemplarisch nur einige Automarken.
Skoda hat seine Werbelinie stark verändert. „Simply clever“ als Slogan gibt die Richtung vor: Qualität clever kaufen und dabei noch nachhaltig und vernünftig denken. Der Bedeutungsraum der Marke ist Cleverness, der auf allen Kanälen vermittelt werden muss. In den Werbebotschaften werden Kinder eingesetzt – die Fahrer von morgen. Kinder sind clever, sie sind ehrlich, ihnen glaubt man mehr als den Erwachsenen. Eine sehr geschickte Zeichensetzung der Marke.
Mercedes vermittelt deutlich Souveränität und Überlegenheit: Der Slogan „Das Beste oder Nichts“ ist eine klare Bedeutungsverankerung über allen anderen Automarken. Für Mercedes gibt es keine Graustufen, es gibt nur entweder oder. Damit werden alle anderen Automarken ausgeschlossen. Es vermittelt dem Mercedes-Käufer eine gewisse Art von Macht, er besitzt das Beste, das Optimum. Fahrer anderer Marken müssen sich mit dem Nichts abgeben. Das ist schlechter als schlecht. Es spricht den anderen Automarken quasi ihre Existenzberechtigung ab.
Hummer ist mit „Like nothing else“ sehr nahe an Mercedes. Der Unterschied ist, dass Hummer das „Andere“ zulässt – es aber nicht vergleichbar ist. Dies unterstreicht die Einzigartigkeit.
Dodge ist eine in Österreich recht unbekannte Marke mit geringen Marktanteilen. Der Slogan „Grab life by the horns“ ist kaum bekannt. Er ist klar im Abenteuer angesiedelt. Abgeleitet von der Redensart „Den Stier bei den Hörner packen“ transport der Slogan die Stärke des Fahrers, der kein Risiko und keinen Konflikt scheut. Petrus nahm den Stier bei den Hörnern und ging in den Frontalangriff. Der Dodge scheint also ein robustes Auto für zielstrebige risikofreudige Fahrer zu sein.
BMW steht für Dynamik und Sportlichkeit, für Individualität, Freude am Leben und am Fahren. Trotzalledem positioniert sich BMW auch als Premium-Marke, da das Design, die Ausstattung, die Technik und auch die Modellbezeichnungen Insignien der Macht sind. X1, X3, X5, 116i, 12od, 320d, 750i usw. sind klare Zeichen für die Einordnung in der Markenrange. Zahlen vermitteln im Gegensatz zu Namen Überlegenheit. Sie sind technisch und zeigen auf, was besser ist. Der X5-Fahrer hat den besseren und teureren Wagen als der X3-Fahrer.
Audi setzt auf Technik und damit auf den Bedeutungsraum der Leistung und Disziplin mit einer starken Tendenz zur Dominanz. Vorsprung ist ein Wert aus dem Machtmotiv – man ist besser als die anderen, ist ihnen voraus. Die Technik ist ein sehr rationaler Wert, leistungsorientiert, qualitätsbewusst. Die Marke ist also durchaus sehr geerdet im Gegensatz zu Mercedes und BMW. Dennoch haben alle einen Anker im Machtbereich, jedoch mit unterschiedlichen Ausprägungen. Bei Mercedes ist es die Exklusivität im Rahmen der Überlegenheit, bei BMW ist es die Freude und Inspiration und bei Audi die Leistung im Rahmen der Überlegenheit.
Volvo versucht schon seit einiger Zeit ein neues Image aufzubauen – weg von nur Sicherheit hin zu mehr Inspiration. „Es gibt mehr im Leben als einen Volvo. Darum fahren Sie einen.“ Dies ist die abgewandelte Form von „Es gibt mehr im Leben, als du siehst.“ Den Volvo sieht man also, aber es steckt mehr darin als man sieht, als man sich träumen lässt. Der Slogan impliziert aber auch, dass ein Volvo nicht alles ist, dass es Wichtigeres gibt. „Darum fahren Sie einen“ ist ein schwierig auflösbarer Kausalzusammenhang. Ein Volvo soll etwas Besonderes vermitteln, etwas, was rational nicht zugänglich ist. Die Holprigkeit im Slogan verwirrt. Ob Volvo die Imagewende schafft, wird man noch sehen. Der gewünschte Wertewandel von sicher zu inspirativ, andersartig ist ein großer Schritt, der eines längeren Umdenkprozesses bei den Menschen und intensiver Kommunikation auf Seiten von Volvo bedarf.
Ford hat mit „Feel the difference“ einen Slogan, den auch andere Marke bereits genutzt haben (Aegean Airlines, Dunlop u.a.). Der Slogan ist im Werteraum bei Offenheit, Genuss und Inspiration angesiedelt. Das Andere spüren, anders sein, sich abheben. Ford spielt zum einen in die Bedeutung, das andere zu spüren und zum anderen damit auch anders zu sein – Abstrahleffekt. Neugier, Veränderung, Aktivität, das Neue – Ford versucht damit eine neue Positionierung zu erhalten. Es soll damit auch eine andere Zielgruppe erreicht werden als bisher. Das Motiv der Balance wird verlassen. Früher hatte Ford Slogans wie: Mehr Auto fürs Geld (1955), Die Linie der Vernunft (1965), Das Zeichen der Vernunft (1974), So viel Auto braucht der Mensch (1986), Besser ankommen (2001) usw. Ford hat zwischendurch immer wieder auch kurzfristig andere Wertebereiche besetzt, die zur Image-Irritation geführt haben könnten: Wir verändern Ansichten (1983), Der Traum vom Fahren (1990), Bei uns dreht sich alles um Sie (1991). Ist nun wirklich alles anders? Man wird sehen.
Eine Positionierung im Werteraum zeigt, wie sich Marken in Bezug auf ihren Slogan unterscheiden. Zieht sich diese Positionierung in allen Ebenen der Bedeutungsvermittlung durch? Gestaltung der Verkaufsräume, der Prospekte und Unterlagen, Design der Modelle, Verhalten und Wording der Verkäufer und des Werkstättenpersonals …
Bedeutungen wandeln sich im Laufe der Zeit – je nach kulturellen und sozialen Einflüssen. Die Wahrnehmung verläuft nach bestimmten Mustern und Schemen ab. Diese zu kennen, ist äußerst wichtig, um die richtigen Bedeutungen zu vermitteln. Marken, die eindeutige Botschaften mit den richtigen Zeichen transportieren sind erfolgreich.
Ihre Charlotte Hager von comrecon°.