Semiotischer Farb-Check zweier Marionnaud-Anzeigen
Wir wollten unabhängig von einer Befragung auch einen semiotischen Check zur Wirkung unterschiedlicher Farben in einer Anzeige durchführen. Eine Absolventin der Wirtschaftsuniversität Wien hat die beiden Marionnaud-Anzeigen mittels Befragung analysiert. Die Ergebnisse sehen Sie im aktuellen transfer Werbeforschung & Praxis Nr. 01 März 2011. Resümee zur Studie von Nora Aschenbrenner (Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung): Bei der Identifikation des Absenders (Unternehmens) haben Farben einen starken Einfluss: „Wird die Farbe geändert, so kann es zu Irritationen der Konsumenten kommen, die das Image der Marke noch mit der alten Farbe verknüpfen. … Wird mit der neuen Farbe ein Imagewechsel angestrebt, so kann dies mithilfe der mit der Farbe verbundenen Emotionen erleichtert werden.“ schreibt Nora Aschenbrenner.
Unabhängig von der Farbgebung sind beide Sujets strukturiert aufgebaut, die Produkte stehen in exakter Anordnung zueinander. Das Logo und damit der Absender sind am Sujet unten angeführt. Links oben befindet sich in einem Farbrahmen „Charmante Angebote“, darunter auf weißem Hintergrund „Exklusiv bei Marionnaud“.
Das blaue Sujet ähnelt in der Tendenz dem Mitbewerber Douglas. Douglas hat jedoch ein noch helleres, zarteres, lieblich wirkendes Blau, da es von Helligkeit und Farbsättigung nicht so intensiv ist wie das Marionnaud Blau. Douglas vermittelt das Feine und Zarte.
Das Blau in der Marionnaud Anzeige ist von Farbton, Sättigung und Helligkeit intensiver und damit auch in der Wahrnehmung massiver, nicht so fein und lieblich. Es ist ein dichtes Blau mit einer hohen Farbdichte. Dies wirkt weitaus kompakter als das Blau von Douglas. Marionnaud vermittelt damit eher Seriosität und Verlässlichkeit als Charme und angenehmen Duft.
Düfte, Cremen, Beautyprodukte sind etwas Schönes, sie machen uns begehrenswerter und heben unser Selbstwertgefühl. Sie heben damit unsere Stellung in der Gesellschaft, man kann sich dadurch abheben. In dieser Branche spielt auch die biopsychologische Ebene eine große Rolle. Wir wollen Anerkennung von Außen, wir wollen angesehen werden, wollen den besten Partner zur Genweitergabe finden. Mit Produkten aus der Parfumerie steigen die Chancen. Es ist also wichtig, diese Signale in Werbebotschaften zu transportieren.
Die blaue Farbe wirkt kühl und rational. Sie unterstützt die formale Produktdarstellung, wobei der Fokus auf Preis-Leistung gelegt wird. Die Darstellung zeigt eine rein rationale Darbietung von Produkten und ihren Kosten. Die Information „Exklusiv bei Marionnaud“ in roter Schrift erhält eine hervorgehobene Bedeutung. Die Botschaft: Marionnaud ist ein Anbieter von günstigen und exklusiven (im Sinne von nirgendwo anders erhältlich) Kosmetikprodukten. Das Besondere und Schöne kann mit dem Sujet nicht vermittelt werden.
Das lila Sujet transportiert eine vollkommen andere Bedeutung. Es ist eine warme Farbe, die gesättigt und in der Helligkeit reduziert ist. Das Lila besteht in unterschiedlichen Helligkeiten, dadurch harmoniert das Bild besser als das blaue Sujet. Lila ist die Farbe der Spiritualität, des Geheimnisvollen. Sie symbolisiert aber auch Dekadenz, die Überlegenheit und das Besondere. Es ist eine mystische Farbe, sie bewirkt Harmonie, sie gleicht aus. In der Natur kommt sie selten vor, was sie einerseits besonders, aber andererseits auch künstlich erscheinen lässt. Sie ist anders. Man will ja nicht „natürlich“ riechen oder aussehen – man möchte sich mit kleinen Hilfsmitteln verschönern und attraktiver machen. Lila als die Farbe der Wandlung kann dies sehr stark unterstützen und suggerieren. Die Farbe wirkt im Kontext von Kosmetik also sehr harmonisch und verstärkend. Die Farbe zieht den Betrachter an. Das „Exklusive“ steht durch die Farbe im Bedeutungsraum von besonders, einzigartig und individuell in einem ganz anderen Wertefeld als in dem blauen Sujet.
Die Identität der Farbe besteht nicht rein durch die Farbe an sich, sondern vielmehr durch den Zusammenhang, in den sie gestellt ist. Die Bildkomposition ist für die Farbwirkung also wesentlich.
Fazit: Farben haben einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung von Bedeutungen und Werten! Farbwahl und -wechsel sollten gut analysiert und mit den Unternehmenswerten in Übereinstimmung gebracht werden.
Dank an Prof. Günter Schweiger von der WWG für die Anfrage, diese Sujets semiotisch zu analysieren.
Hier der Artikel von Nora Aschenbrenner: „Nora Aschenbrenner, Der Einfluss der Farbe auf die Identifikation und Beurteilung von Marken„