Die Travestie der Bank Austria – Cashback und Conchita Wurst im Zwiespalt

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Die Bank Austria versucht derzeit, mehrere Botschaften an Frau und Herren Österreicher zu übermitteln. Da ist die Initiative „Gemeinsam für ein besseres Miteinander“, weiters der Claim „Das Leben ist voller Höhen und Tiefen. Wir sind für Sie da.“ und das neue Produkt der Cashback Card. Um den Botschaften mehr Ausdruck zu verleihen, hat man sich ein bekanntes, aber auch polarisierendes Testimonial gesichert: Conchita Wurst.

Conchita Wurst ist die personifizierte Botschafterin von Liebe, Respekt und Toleranz, wie sie in einem Video im YouTube Channel der Bank Austria erzählt.

Wenn man sich den Werbe-Spot genauer ansieht, muss man jedoch feststellen, dass Inhalt und Inszenierung des Spots nur Oberflächlichkeit und Wohlstand vermittelt. (Video ist leider nicht mehr verfügbar.)

Der Fokus wird auf Shopping, Leben im Überfluss und Selbstdarstellung gelegt. Dadurch, dass das Testimonial vorwiegend alleine dargestellt wird, ohne gesellschaftliche Einbindung, nicht spricht und sich nur präsentiert, wirkt Conchita Wurst fern und unnahbar. Das Styling und ihre Bewegungen erinnern an die upper class, alles ist Hochlang und die Welt wirkt in Ordnung. Der Off-Sprecher unterstreicht die Ferne noch mehr in dem er das Augenmerk auf die reinen Produktfunktionalitäten richtet. Der Spot erinnert damit an Werbung 1.0, weil keinerlei Zusatzbotschaften transportiert werden. Conchita Wurst steht zwar als Kunstfigur für starke und soziale Werte, diese werden aber in dem Spot konterkariert, sie wird aufs Shoppen und Posen reduziert. Das Bild mit den vielen Einkaufssäcken ist nicht stimmig zur Botschaft von Conchita Wurst und nicht stimmig zu dem, was die Bank Austria vorhat zu vermitteln.

Die Bank Austria möchte soziale Verantwortung übernehmen und initiierte dafür die Initiative „Gemeinsam für ein besseres Miteinander“. Die Aktionen sind in diesem Sport jedoch nicht wahrnehmbar. Conchita Wurst kann diesen Gedanken nicht transportieren, da sie im Spot nur eine Rolle spielt – die eines Models, eines Stars, jemanden aus der Upper Class, der sich in Szene setzt.

Die Botschaft ist austauschbar – es könnte sich genauso gut um einen Spot für ein Einkaufszentrum handeln. Soziale Verantwortung impliziert auch einen gewissenhaften Umgang mit den Ressourcen. Im Spot wird uns aber das Gegenteil vermittelt: Shoppen im Überfluss, ohne Maß und Ziel, Glamour und vor allem auch Egozentrismus und Stereotypisierung durch die Inszenierung des Testimonials.

Das Cashback-Programm ist die „Verkleidung“ eines Datensammelprogrammes, das zur Maßlosigkeit auffordert. „Sparen im kleinen Rahmen“, „für die kleinen Freuden im Leben“ wird durch die Bildwahl (Übermaß an Einkaufssäcken, Modelgehabe, bedient-werden) ad absurdum geführt. Unglaubwürdigkeit und Reaktanz sind die Folge.

Der Claim der Bank Austria „Das Leben ist voller Höhen und Tiefen. Wir sind für Sie da.“ bedarf einer Beweisführung, die mehr ist als ein Sparen im kleinen Rahmen, vermittelt durch einen „Promi“, der dies nicht notwendig hat.

Fazit

Der Bank Austria gelingt es mit dem Spot, die Glaubwürdigkeit des Eintretens für soziale Verantwortung und starke Werte zu konterkarieren und sich wiederum rein als eine oberflächliche Bank zu präsentieren, die sich Testimonials bedient, um eine künstliche Aufladung zu erwirken.

Die Effektivität von Aussagen ist von der empfunden Glaubwürdigkeit abhängig. Die von der Bank Austria postulierten Werte bedürfen noch mehr stimmiger Beweisführung und echter Handlungen, die dies untermauern, ansonsten bleiben unglaubwürdige Worthülsen über. Und auch Conchita Wurst läuft Gefahr, ihre eigenen Werte zu „entladen“.

Der Beitrag erschien auch im A3 Marketing Adscience November 2014