AMA Milch-Kampagne mit semantischen Schwachstellen.

Analyse der visuellen Codierung: Eine Semiotische Analyse AMA EU-Kampagne, „Milch“ (Testimonial: Claudia Reiterer)

Die Darstellung lenkt den Fokus auf 3 Hauptelemente im Bildausschnitt: Starker Fokus auf das vergrößert dargestellte Milchglas und die Headline, mittlerer Fokus auf die Dame mit dem Mikrofon.

Das AMA Gütesiegel ist im unteren Drittel gemeinsam mit dem Text positioniert und erfährt damit eine geringe Fokussierung.

Im Sujet werden rein ikonische Zeichen eingesetzt – also Abbildungen realer Zustände. Das Milchglas ist ein Milchglas und die Dame mit Mikrofon eine Moderatorin.

Die Wiedererkennung ist sehr hoch.

Indexikalische Zeichen, die das Objekt (AMA Gütesiegel auf der Milch) mit einem semantischen Mehrwert aufladen, gibt es kaum. Die Moderatorin soll als eine solche Merkmalsüberträgerin fungieren.

Welche Merkmale trägt die Moderatorin?

AMA Milchkampagne 2009/2010

  • Šseriös
  • Škompetent
  • Švertrauenswürdig

Aufgrund der wahrnehmungspsychologischen Vorgänge wird der Bildblock, der 2/3 des Sujets vereinnahmt als Einheit angesehen. Die Elemente gehören zusammen und ergeben einen gemeinsamen Code.

Wie stehen Milch – Frau – Sicher ist Sicher in Zusammenhang?

Die Kombination ergibt keinen schlüssigen Sinn.


 

Analyse der verbalen Codierung

Die Headline „Sicher ist Sicher“ untermauert den Rest der Botschaft. Doch, was ist Sicher?

Sicher ist Sicher ist eine Redewendung, die vor allem zur Risikovermeidung eingesetzt wird.

In der Body Copy steht ein Zitat, das der Moderatorin zugeordnet werden kann – es gibt einen direkten Verweis im Text (vorausgesetzt man kennt Frau Reiter). Im Zitat wird sie nicht in ihrer Funktion als Moderatorin, sondern als Mutter zitiert.

Sie trägt damit andere Merkmale in sich, als sie es auf der Bildebene transportiert, nämlich: fürsorglich, sicherheitsbedacht

Warum wird sie dann mit Mikrofon dargestellt? Also in ihrer Funktion als Moderatorin? Wem erzählt sie von ihrer Familie? Und wie steht dies in Konnex zum Milchglas?

Analyse der Zusammenhänge Bild-Text

Bezieht sich die Headline auf die Milch oder die Frau? Oder sagt die Frau dies über die Milch? Aber warum?

Die Auflösung gibt es erst im Textblock durch die verbale Information in Kombination mit dem AMA Gütezeichen. Die Moderatorin ist die Klammer zwischen Milchglas und AMA Gütesiegel.

Die Moderatorin will also Sicherheit bei Milch durch Garantie für Herkunft, Qualität und Kontrolle durch AMA. Dadurch stellt sich Wohlbefinden für ihre Familie ein und sie ist eine gute Mutter.

Es entsteht jedoch eine Diskrepanz zwischen der Karrierefrau in Form der Moderatorin und der fürsorglichen Frau in Form einer liebevollen Mutter – die rein auf einer abstrakten und damit rationalisierten Ebene des Textes zum Vorschein kommt.

Im Sujet findet sich keine Redundanz von Text und Bild – der Text ist notwendig, um die Botschaft zu entschlüsseln.

Wird der Text immer gelesen? Was bleibt dann von der Botschaft beim Betrachter hängen? Mehr Verwirrung über die Aussage als Klarheit der Vorteile des AMA Gütesiegels.

Die Grammatik des Sujets, die Botschaft

Die Kohärenz der Bild-Text-Grammatik wird nicht deutlich, wirkt unklar.

Übersetzt man die Botschaft rein des Bildes in verbale Sprache, so wäre dies der Wortlaut: Milch wird von Frau Reiter als sicher im Sinne von gefahrenlos betrachtet. Zusammen mit dem verbalen Text erweitert sich der Inhalt der Botschaft auf:

Milch wird von Frau Reiter wegen des AMA Gütesiegels als sicher betrachtet. Das bringt Wohlbefinden für ihre Familie.

Die Anordnung der Zeichenelemente erschwert den Decodierungsprozess.

Eine Feinjustierung der Zeichenelemente (die Grammatik der Botschaft) kann verändert werden, um die Botschaft richtig decodieren zu können.

Optimierungsfelder laut Semiotischer Diagnose

  1. Claim: Sicher ist sicher ist eine bekannt Redewendung, die in erster Linie eingesetzt wird, wenn man Schaden bzw. Risiko vermeiden möchte à Headline sollte vielmehr die Vorzüge des Gütesiegels hervorstreichen: Qualität und Verlässlichkeit. Es ist zudem nicht klar, warum Sicher groß geschrieben wird, zumal es im Zitat klein geschrieben wird.
  2. Aufbau des Sujets: Darstellung der Vorteile des AMA Gütesiegels – wird derzeit nur klein in einem Textblock angeführt. Die bildliche Darstellung ist denotativ und stellt rein ein Glas Milch dar. Frische, Gesundheit, Vitalität, Energie, Herkunft werden nicht bildlich kommuniziert. Die Moderatorin wirkt starr, die Familie existiert nur in der Textzeile. Claudia Reiterer fungiert in der Anzeige nicht als Mutter, sondern als Moderatorin – die Fürsorge wird in der Bildkommunikation nicht übertragen. Das AMA Gütesiegel wird nicht in Szene gesetzt, die Darstellung wirkt wie eine Collage ohne Spannungsbogen. Es werden keine sprachlichen Bilder eingesetzt. Das Sujet erzählt keine Geschichte und kann somit nicht emotional im Gedächtnis der Betrachter verankert werden.
  3. Verankerung mit dem Absender der Botschaft: Wenn das Logo von AMA weggelassen wird, kann keine Zuordnung zu AMA vollzogen werden. Die Botschaft ist demnach von der Präsenz des Markenzeichens abhängig. AMA sollte der Hauptakteur der Botschaft sein. Milch ist der Nebendarsteller, der in diesem Fall von der eigentlichen Botschaft ablenkt und zu Irritation führt.
  4. Bezugsrahmen: Der gewählte Rahmen der Handlung ist die Natürlichkeit durch die Darstellung des Milchglases in der Natur wie auch der Moderatorin im Freien. Der Bezugsrahmen für AMA sollte jedoch noch weiter gefasst werden. AMA steht für Verlässlichkeit, Qualität und damit Wohlbefinden. Das Gefühl beim Konsumenten wird im Rahmen vernachlässigt.
  5. Bedeutungsvermittlung: Der Text dient als Ergänzung zum Bild. Problematisch ist, dass der Text zuerst gelesen werden muss, um die Botschaft in der Gesamtheit zu verstehen. Die Bilder haben an sich keine Bedeutung, erst durch den Text werden sie mit Bedeutung gefüllt. Freiraum für Interpretation ist nicht gegeben. Der Verstehensprozess erfordert damit sehr viel Aufmerksamkeit des Betrachters (mehr als 2 Sekunden). Die Body Copy wird aber in den meisten Fällen nicht gelesen.