Von Social Media zu Social Business – mehr Social Fitness für Unternehmen!

International betrachtet betreiben zwei Drittel der Unternehmen eine Social Plattform. In DACH sind es 70%. Doch wie sind Unternehmen strukturiert und wie gehen sie mit ihren Fans um? Wir haben in einer qualitativen Studie im Auftrag vom ambuzzador marketing im Sommer diesen Jahres 31 Unternehmen (25 Österreich, 6 Schweiz) beleuchtet und in ihre organsatorischen Untiefen analysiert. Wie sind Organisationen aufgebaut, die erfolgreich Social Media betreiben und welche Faktoren sind erforderlich, um „social fit“ zu sein?

Wir haben dabei 5 Evolutionsstufen im Change-Prozess identifiziert:

(c) by ambuzzador & comrecon°

Unsere befragten Unternehmen befinden sich in ganz unterschiedlichen „Organisations-Entwicklungs-Stadien“:

  • In Stufe 1 ist die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens noch geringer ausgeprägt, es besteht die Holschuld nach Informationen aus anderen Abteilungen, Mitarbeiter haben keinen Zugang zu den Aktivitäten und echter Customer Service ist kein Teil der Social Media Strategie. Vielmehr stehen Gewinnspiele und Kampagnenunterstützung im Vordergrund.
  • In Stufe 2 sind Unternehmen vertrauter mit Social Media und sehen es als Feld, um nach dem Prinzip Trial & Error neue Wege zu gehen. Social Media ist die Erweiterung der Mediakanäle. Es bestehen aber zu wenige Ressourcen, Reaktionszeiten sind zu langsam, in der Krise wird proaktiv reagiert.
  • Ab der Stufe 3 – in der sich viele der untersuchten Unternehmen befinden – wird offensichtlich, dass sich die gesamte Organisation und Kommunikation verändern müssen. Der Change beginnt. Kunden und Dialoggruppen stehen im Fokus, Mitarbeiter werden integriert bzw. geschult, strategisches Monitoring findet zarte Ansätze. Unternehmen in Stufe 3 erkennen, welchen Werte die neuen Kanäle eröffnen: Nähe zum Kunden, Markeninvolvement erhöhen, Nischenzielgruppen ansprechen, Insights gewinnen, die Marke im richtigen Licht darstellen, die Kommunikation steuern.
  • Erst wenige Unternehmen haben bereits die Stufe 4, die derzeitige „Königsklasse“, erreicht. Hier wird Customer Service proaktiv auch in Social Media umgesetzt. So hat etwa das Schweizer Telekomunternehmen Swisscom eigene Service-Kanäle in Facebook und Twitter geöffnet. Alle dort eingehenden Anfragen und Beschwerden werden über KPIs gemessen. Swisscom konnte dadurch die Servicekosten reduzieren und das Marken-Involvement in den Kategorien Commitment und Caring stärken.

Vorreiter-Unternehmen nutzen auch die so gewonnenen Insights der Fans. Das Schweizer Handelsunternehmen Migros setzt auf die eigene Plattform www.migipedia.ch für Produktbewertungen seiner Kunden. Dieses Feedback fließt zusammen mit der aktiven Beobachtung von Foren und Blogs in die Verbesserung von Angeboten ein.

In Stufe 5 haben wir noch keines der Unternehmen identifizieren können. Die scheint die Zukunft zu sein – wenn Social Business Alltag ist und Organisationen sich entsprechend umorganisiert haben. Was den meisten Unternehmen fehlt: Monitoring, die Messung von KPIs, stärkere Einbindung von CRM, Customer Service, Fachabteilungen, HR, Sales etc. und die schnelle und effiziente Kommunikation in der Krise.

Für Unternehmen und Marken ergeben sich in Social Media große Chancen, die Marke noch stärker zu repräsentieren und die Kommunikation zu lenken. Über Marken wird gesprochen – ob man will oder nicht. Ist man selbst dabei, kann man die Stimmungslage beeinflussen und weiß, welche Themen rund um die Marke beschäftigen.

Social Media eröffnen neue Gesetze der Kommunikation und des Marketing. Aus den Erkenntnissen der Dialoge entwickelten wir ein Social Fitness Modell, das zeigt, wie Marken agieren müssen, um einen entsprechenden Business Impact zu generieren.

SOCIAL FITNESS MODELL
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Das Modell zeigt, welche Aufgaben Marken erfüllen müssen:

  1. Promise, das Versprechen, mit dem Erwartungen geweckt werden. Die klassische one way Kommunikation, die „Auslage“ der Marke – wie präsentiert sie sich, wie will sie gesehen werden.
  2. Commitment, die Erfüllung der Erwartungen. Die Marke kommt in den Dialog, durch Anwendung und durch die Social Media Kommunikation – wir sind „Inside“ der Marke, machen erste direkte Erfahrungen mit dieser.
  3. Caring, die laufende Erkennung der Erwartungen und das befriedigen dieser. Hier steht  der emotionale, zwischenmenschliche Zugang im Fokus. Wie verhält, „benimmt“ sich die Marke im Dialog und in der Anwendung der Produkte.

Die 3 Säulen wirken sich direkt (Promise) bzw. indirekt über Content und Service (Commitment & Caring) auf die (Social) Likeability aus. Content und Service sind dabei vor allem wesentlich im Bereich Social Media – wie behandle ich meine Fans und welchen Conten biete ich ihnen im direkten Dialog?

Die (Social) Likeability ist damit die Summe aller Erfahrungen, die man direkt oder indirekt mit der Marke gemacht hat und macht. Diese hat einen enormen Einfluss auf die vier Fächer: Sales, Buzz Potenzial, Employer Branding und Crowd Research. Denn umso höher die Likebility, desto mehr wird sich die Marke verkaufen, desto größer ist die Markenloyalität und damit auch die Bereitschaft, die Marke weiterzuempfehlen, desto höher ist das Involvement der Mitarbeiter und auch der Wunsch anderer, bei der Marke tätig zu werden und auch die Bereitschaft der Kunden oder Interessenten steigt, an Fragestelleungen der Marke/des Unternehmens teilzunehmen.

Der Fächer zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass die Organisationseinheiten eng zusammenarbeiten, um gemeinsam Themen des Unternehmens voranzubringen.

Die Folge steigender Social Likeability sind neben der Ausbildung von Markenbotschaftern eine Steigerung des Involvements und der Markennähe. Die ist vor allem für Unternehmen wesentlich, die im Bereich von No oder Low Involvement angesiedelt sind. Sie haben mit mehr Social Fitness die Chance, in höhere Involvementstufen zu gelangen. Voraussetzung: Die Bedürfnisse und Themen erkennen und in Content und Service einfließen lassen und umsetzen. Dann schließt sich der Kreislauf und die Likeabilty erhöht sich.

Wer im Unternehmen im Lead of Social Communication sein sollte, zeigt sich an der folgenden Grafik der unterschiedlichen Markentypen:

FITNESSFAKTOREN DER MARKENTYPEN
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  • Bei Service-orientierten Marken steht Customer Service an oberster Stelle. Sie haben den direktesten Kundenkontakt, auch ihre Mitarbeiter sind zumeist die Markenvertreter und damit relevante Repräsentanten. Ihr Problem: Vorwiegend User generated content, in Social Media „kotzt“ man sich aus, wenn kein echter Customer Service Kanal geboten wird. Dies beeinflusst maßgeblich die Tonalität und Stimmungslage auf der Fanpage. Dies gilt es zu vermeiden und proaktiv zu steuern.
  • Bei den inspirations-orientierten Marken steht Corporate Communication/PR im Lead. Ihre Aufgabe ist es, das Markenversprechen umzusetzen und dabei relevante Insights aus anderen Unternehmensbereichen darzustellen.
  • Angebots- und Sales-orientierte Marken werden vom Marketing angeführt. Ihre Hebel liegen in den Bereichen Commitment und Caring. Sie benötigen eine starke Vernetzung unterschiedlichster Abteilungen.

Fazit: Die Erfolgsfaktoren für Social Fitness

  1. Erfolgsfaktoren beim Change-Prozess hin zu einer auf Social Media ausgerichteten Organisation (= Stufe 5) ist  ein ganzheitlich gleichberechtigter Marketingmix quer über alle Kommunikationskanäle.
  2. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die bewusste Förderung des Social Mindset bei Mitarbeitern und Führungskräften. Ein eigener „Newsroom“ für das Content Management stellt z.B. beim Industrieunternehmen voestalpine definierte Prozesse und die kontinuierliche Präsenz abseits der Website (übrigens die beste Website weltweit in der Stahlbranche!) in Social Networks und Blogs sicher. Für die MitarbeiterInnen gibt es ein mehrsprachiges Social Media Manual und klare Guidelines.
  3. Wie sich Authentizität im Auftritt durch sämtliche Aktivitäten bis zur konkreten Umsetzung des Markenversprechens in Content und Service zieht, zeigt IKEA. Das zentrale Thema heißt Inspiration abseits von Preisangeboten und wird durch eine Katalog-App unterstützt, die Einrichtungsideen bietet. Das Kundenfeedback (97% positive Postings) wird laufend zu neuen Angeboten verwertet.
  4. Unter dem Strich geht es um die Stärkung des Business Impact von Social Media durch Identifizierung neuer Themen sowie Nutzung des Social Graph für Reichweite und Conversion. Der ROI, der Return on Influence, der Social Media Aktivitäten soll anhand wirtschaftlicher Kennzahlen wie der Customer Service Zufriedenheit, von Sales Erfolgen oder der Brand Awareness gemessen und belegt werden können.

Links

Hier geht’s zum Download der Studie.

Social Fitness Check

Artikel zum Thema auf werbeplanung  (29.11.2012)

Artikel zum Thema im WirtschaftsBlatt (29.10.2012)