Systemische Strategieentwicklung im Marketing

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Die Entwicklung von Strategien ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitswelt von Managern. Egal, ob in Marketing, Branding, Unternehmenskommunikation, Personalentwicklung oder Vertrieb. Manager stehen immer wieder vor strategischen Entscheidungen, von denen viel abhängt.

System-Aufstellungen sind eine effektive Simulations- und Visualisierungsmethode, um Fragestellungen an Marken, Produkte, Teams, Entscheidungen im Unternehmen etc. zu beantworten. Dabei werden Unternehmen, Marken oder Produkte nicht analytisch beschrieben, sondern systemisch abgebildet. In Unternehmen mit komplexen, schwer durchschaubaren Beziehungssystemen kann es ein effektives Navigationssystem sein.

Strategie gefällig?

Sie möchten Veränderungen im Unternehmen oder in Teilbereichen herbeiführen? Eine mögliche Strategieänderung bewirken? Einen neuen Weg bei der Vermarktung einschlagen oder einfach nur ein neues Produkt launchen? Das alles zieht schließlich Entscheidungen mit sich, die getroffen werden müssen, um Verhaltensänderungen bei Mitarbeitern, Konsumenten und Stakeholdern zu erzielen.

Im Grunde gibt es vier Möglichkeiten, wie Strategien entwickelt werden:

  • intuitiv „aus dem Bauch heraus“
  • expertenorientiert
  • evolutionär
  • im Zuge eines systemischen Prozessmusters

Wir entscheiden aus dem Bauch heraus!

Eine Strategie zu entwickeln bedeutet eine Alternativen zum aktuellen Status zu finden. Oft wird dabei intuitiv entschieden. Das unternehmerische Gespür mit all seinem impliziten Wissen ist hier ausschlaggebend. Das kann laut dem Psychologen, Prof. Gerd Gigerenzer gut sein, wenn das Unterbewusstsein Entscheidungen trifft. Aber es birgt auch Risiken, nämlich die der geringen Selbstreflexion und damit der Tabuisierung von Anzeichen für einen Misserfolg.

Expertenlösungen für jedes Problem

Eine andere Möglichkeit Prognosen für die Zukunft zu erstellen ist, Experten von intern wie auch von extern die „richtige“ Vorgehensweise erarbeiten zu lassen. Der Haken daran: Sie vergessen oft auf die „Schwarzen Schwäne“, die extrem unwahrscheinliche Ereignisse, die laut Nassim Nicholas Taleb immer wieder eintreffen können. Unvorhersehbare Ereignisse gibt es viel häufiger, als wir denken. Und wir unterschätzen systematisch ihre gewaltigen Folgen.

So, wie immer schon

Meist „geschehen“ Strategien einfach, evolutionär, durch Zufall, insofern sie nicht von der Unternehmensspitze entwickelt werden. Das Management unterstützt dabei lediglich die Impulse  und bündelt sie zu Erfolgsmustern. Das Problem dabei: reaktives Handeln statt aktivem Umsetzen. Und die Gefahr, schleichend  in Probleme zu geraten.

Systemisch Lösungen finden?

Der vierte Ansatz in der Strategiefindung ist die systemische Strategieentwicklung. Als „systemisch“ ist hier die zu entwickelnde Fähigkeit des Unternehmens als System gemeint. Es werden Prozessmuster identifiziert und gleichzeitig verdeckte Themen wie Einflussfaktoren oder Marktmechanismen aufgegriffen. Systemisch zu denken und zu analysieren bedeutet in Beziehungen zu denken. Dieser Ansatz skizziert ein Wunschszenario von Marken und Produkten in der Zukunft und findet dann Lösungen in der Gegenwart, um sich schrittweise der Zukunftsvorstellung zu nähern. Besonders erwähnenswert dabei: Man orientiert sich an Lösungen und nicht an Problemen.

Systemische Aufstellungen: eine höchst effektive Methode

Wenn wir erkennen, dass Marken und Organisationen soziale Systeme sind, die sich an ihrer zukünftigen Identität ausrichten sollen, dann sollten wir andere Ansätze in unsere Strategiefindung mit einbeziehen.

Aufstellungen kennen einige aus dem Familienkontext. Sie werden in den letzten Jahren auch immer mehr im Organisations-, Marken- und Produkt-Kontext eingesetzt.

Die räumliche Darstellung von Themen und Fragestellungen zeigt oft schon wichtige Informationen, die sonst verborgen geblieben wären. Somit zeigen sich Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen „Elementen“ wie Zielgruppen und Produkten, Marken, Logos, Werbebotschaften, Teammitgliedern, Vertriebskanälen etc. Markenarchitekturen, wie z.B. Subbrands in ihrer Beziehung zur Dachmarke können beispielsweise überprüft werden. So kann man klären, welche Produkte, oder „line extensions“ z.B. einen Sinn machen oder wie ein neues Produkt am besten in die Markenarchitektur integriert werden kann.

Wie werden System-Aufstellungen durchgeführt?

Es gibt verschiedene Methoden der Visualisierungen und Bearbeitung von Themen bzw. Fragestellungen.

Menschen im Markenkontext aufstellen

System-Aufstellungen sind räumliche Darstellungen von Beziehungsstrukturen innerhalb eines Systems. Fungieren Menschen als Repräsentanten für Elemente eines Systems, so werden diese von einem „Anliegen-Bringer“ im Raum aufgestellt. Die sogenannten Repräsentanten bzw. Stellvertreter von Systemelementen gehen dabei in die „repräsentierende Wahrnehmung“. Diese erlaubt es ihnen, sich in das jeweilige Element „hineinzufühlen“ und als Stellvertreter zu spüren, wie der zugewiesene Platz und die Beziehungen zu den anderen Elementen wahrgenommen werden.

System-Aufstellungen sind somit Visualisierungen von Ursprungssystemen an einem anderen Ort. Wichtige Erkenntnisse lassen sich bereits aus den Abständen zwischen den Personen bzw. Elementen und deren Blickrichtungen ableiten.

Das bedeutet beispielsweise im Markenkontext: Die Repräsentanten spüren Unterschiede in der Körperwahrnehmung, wenn sie die Repräsentanz von einer Zielgruppe, einer Marke, eines Logos oder einer Werbebotschaft annehmen.

Aufstellen geht auch ohne Menschen

Eine andere Möglichkeit der systemischen Aufstellungsarbeit ist – wenn nicht mehrere Personen als Repräsentanten zur Verfügung stehen – mit Bodenankern zu arbeiten. Dabei werden die wichtigsten Systemelemente als Bodenanker auf dem Boden aufgelegt. Lediglich eine Person, der „Anliegen-Bringer“ selbst, geht in die repräsentierende Wahrnehmung und stellt sich ins System, um zu erkennen, wie sich die unterschiedlichen Stellen und das Umfeld anfühlen.

Dieser Ansatz ermöglicht den Blick sowohl von außen auf das System als auch von innen. Die wahrgenommenen Unterschiede sind wesentliche Informationen, um neue Impulse und Denkrichtungen für Strategien zu entwickeln.

Sich ein Bild machen: Visualisieren am Brett

Visualisierungen mittels Systembrett und Figuren ist eine dritte Variante. Man definiert, wer oder was Relevanz bei der vorliegenden Fragenstellung hat und ordnet diese Parameter in Form von Figuren auf dem Systembrett an. Oftmals reicht schon die Visualisierung des Ist-Zustandes aus, um Aha-Erlebnisse zu generieren. Man spricht dann vom „Systemischen Visualisieren“.

Systemische Aufstellungen als Helfer bei Entscheidungen

Bei System-Aufstellungen kann noch weit mehr geschehen als „nur“ das reine Sichtbarmachen eines Ist-Zustandes: Die sogenannte Prozessarbeit erlaubt es, durch die Veränderung von Elementen sowie die Aufnahme neuer und möglicherweise fehlender Elemente, ein „stimmiges System“ zu erzeugen. Die Suche nach dem „guten Platz“ im System ist oft wesentlich, wenn man mit neuen Produkten in der Markenarchitektur arbeitet. Auch kann es interessant sein, wie sich Produkte positionieren müssen, um von einer Zielgruppe besser wahrgenommen zu werden und was es dafür noch braucht.

Wie funktionieren systemische Aufstellungen?

„Aufstellungen sind erlebte Quantenphysik“, so DI Thomas Gehlert. Nach der aktuellen Quantenphysik entsteht Information an einem Ort und ist dann überall als Information im gesamten Quantenfeld verfügbar und abrufbar. Wenn wir in die repräsentierende Wahrnehmung gehen, rufen wir Informationen aus dem Quantenfeld ab. Im Grunde werden bei einer Aufstellung die Repräsentanten in die gleiche Schwingung gebracht und (quantenphysikalisch) verschränkt. Dadurch entstehen Wechselwirkungen im System, die sich in der Wahrnehmung niederschlagen.

Jede Sinneswahrnehmung ist eine physikalische Interaktion. Unsere Zellen reagieren auf Frequenzen und unsere Wahrnehmungsneuronen nehmen die Wellen von bestimmten Quantenzuständen wahr. Wellen sind Informationen. So weiß die moderne Gehirnforschung auch, dass ein Drittel unserer Neuronen auf exakt gleiche Handlungen und Sinneswahrnehmungen reagieren und zwei Drittel auf die Intention dahinter. Die Wissenschaft nennt diese Neuronen deshalb „Spiegelneuronen“. Und nicht zu vergessen: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte”. Durch diese Methode bekommen wir einen schnellen Zugang zu Problemen bzw. Lösungen, ohne kognitive Leistung und der Zugang zu verdeckten Informationen wird vereinfacht.

Einsatz systemischer Aufstellungen im Business Kontext

Die Methode der systemischen Aufstellungen erlaubt es, in die Informationswelten des Systems einzutauchen, das System zu visualisieren und mit dem entstandenen Bild zu arbeiten.

Für unterschiedliche Ansprüche kann die Methode dienlich sein:

  • Entscheidungsfindung: „Welches Logo passt am besten zu unserem Rebranding?“
  • Informationsfindung:
    „Wie kommt das neue Produkt X bei der Zielgruppe an?“,
    „Wie werden unsere Produkte von Kunden und Nicht-Kunden wahrgenommen?“,
    „Wie attraktiv sind unsere Produkte?“
  • Verdichten von Informationen:
    „Wer oder was hat welchen Einfluss auf die Fragestellung?“
  • Plausibilitätsprüfung:
    „Irgendwas stimmt da nicht, was könnte das sein?“
  • Kommunikationsstruktur im Unternehmen:
    „Wer bzw. wo sind die Schnittstellen?“
    „Wo sind Schwachstellen?“
  • Teamkonstellation:
    „Was brauchen wir, um als Team erfolgreich zu sein?“