Superfans & Superhaters: Nachlese zum Event #2 der Marketing Natives

© Laura Müller, www.vervievas.com

Am vergangenen Donnerstag, 21. Mai 2015 gab es das Event #2 der Marketing Natives im T-Center in Wien. Hier sind unsere Eindrücke und Insights von den vier ReferentInnen. Vorab: Wir sind immer noch begeistert von so viel geballtem Praxiswissen!

Tom Thaler (Informatiker, Unternehmensberater und Bilanzexperte)

„Generieren Sie in einer Minute 1.000 Werbeanzeigen und verdoppeln Sie 10.000 Euro Budget!“ – Oft sind es solche Forderungen, die der Unternehmensberater Tom Thaler zu hören bekommt. Sein Ansatz des Performance Marketings liegt im Bereich der Hard-Skills. Dabei beginnt alles mit der Identifikation von Multiplikatoren, also der Aufgabe herauszufinden, wie man so schnell und effizient wie möglich zu Superfans kommt.

Tom Thaler weiß, dass auf Facebook und anderen Social Media Netzwerken alles auslesbar ist. Mit den entsprechenden Skills und Programmen ist das kein Problem! Er macht uns darauf aufmerksam, dass der Trend zur Schließung des Werbezyklus‘ „online ↔ offline“ unaufhaltsam ist und nur mit genauen Analysetools bewältigt werden kann. Dabei geht es darum, Erfolg als das Übertreffen der selbst gesetzten Ziele zu definieren.

Unternehmen und Institutionen müssen sich überlegen, warum jemand Fan ihrer Homepage werden kann – nur dann ist eine angemessene Content Strategy möglich, die Menschen begeistert und Fans generiert. Dafür ist Reflexion essenziell: Man soll sich fragen, ob man die Postings der eigenen Fanpage auch selbst liken würde?

Facebook EdgeRank Algorithmus und weitere analytische Strategien

Zentral für die Content Strategy ist, welcher Fan welche Postings sieht. Tom Thaler verweist hier auf den Facebook EdgeRank Algorythmus, der die Trias aus (1) Stärke der Beziehung zwischen Absender und Empfänger, (2) der Gewichtung des Inhalts nach Interaktionen und (3) der vergangenen Zeit seit Veröffentlichung in Beziehung setzt. Mehr Informationen gibt es bspw. hier: https://bit.ly/1FsJUU6.

Außerdem muss man sich über die Struktur der eigenen Facebook-Werbekampagnen im Klaren sein. So warnt der Referent ausdrücklich vor der Funktion des sog. „automatic billings“ bei Facebook, weil Werbeetats effizienter eingesetzt werden können. Ein manuelles Gebot sowie die Einrichtung eines Trackings seien das absolute Minimum für jede(n), der mit Facebook arbeitet.

Eine weitere Möglichkeit der Generierung einer Fancommunity ist das Facebook-Targeting, bei dem Streuverluste minimiert werden sollen, indem man die Interagierenden auf der eigene Fanpage besser kennenlernt.

Tom Thaler schließt seinen aufschlussreichen und enthusiastischen Vortrag mit dem Hinweis, dass wir realisieren müssen, dass es heute (auch zur Generierung von Superfans) auf People-Based-Marketing ankommt, also der Ansprache und Einbeziehung von Einzelpersonen.

Lisa Stadler (Social Media Managerin derStandard.at)

Die zweite Referentin möchte mit dem Vorurteil aufräumen, dass alle Social Media ManagerInnen nur „digitale Mistkübelausleerer“ sind. Spannend ist, dass der Standard.at bereits 1996 Online-Postings unter jedem veröffentlichten Artikel möglich gemacht hat. Das war damals eine absolute Innovation! Ähnlich innovativ ist Lisa Stadlers Arbeit, bei der es vor allem auf einen schnellen Austausch zwischen ihr und den Superfans ankommt: Sie muss entscheiden, welcher Content wohin passt; muss journalistische Inhalte für das Social Web übersetzen; auf UserInnen reagieren; crowdsourcing betreiben und die Performance der verschiedenen Online-Kanäle messen.

Wie man schlechte Nachrichten angemessen in den Social Media kommuniziert

IMG_0994Natürlich gibt es auch immer wieder schlechte Nachrichten wie bspw. Todesfälle von berühmten Personen. Auch hier ist Interaktion auf Facebook, Twitter & Co. nötig! Der Standard erreicht dies über die Platzierung von „schönen und intelligenten“ Zitaten des verstorbenen Menschen, die den Tod in den Hintergrund rücken und das hervorheben, was bleibt. Damit Interaktionen zu erreichen, ist wesentlich leichter als mit der plumpen Übermittlung einer Todesmeldung. Jeder Content muss zur Marke passen!


Social Media sind visuelle Medien! Keine Angst vor Innovationen!

Weil wir es immer wieder vergessen, betont Lisa Stadler nochmals, dass es bei Social Media auf die angemessene Visualisierung ankommt. So pflegt sie mit ihrem Team eine eigene Stock Library mit selbst aufgenommenen Bildern, die später verwertet werden können: Von Obst bis zu Haustieren ist alles dabei. Außerdem nennt sie das „Einserkastl“ als ein Projekt, das mittlerweile etabliert ist und somit Wiedererkennungswert hat.

Eine Innovation ist außerdem gewesen, dass der Standard einfach die Broadcast Listen von WhatsApp einsetzte, um jeden Morgen einen kurzen Nachrichtenüberblick für die mittlerweile riesige Fancommunity zu geben. Dies sei fantastisch angekommen, so Lisa Stadler, die ihren Vortrag mit den Worten: „Wir müssen immer ein authentischer Begleiter des Kunden/der Kundin sein.“ und „Wir wissen, dass wir durch die Community leben.“ schließt.

Michaela Mojzis-Böhm (Founder & CEO, Corporate Grassroots Factory)

Michaela Mojzis-Böhm bezeichnet sich selbst als Mobilisierungsexpertin, die unter dem Motto „with the eyes of a lover“ agiert. Sie ist davon überzeugt, dass jede Organisation Fans hat, man sich aber in den meisten Fällen erst einmal klar machen muss, wo sie sind, was sie für einen machen und vor allem: was sie wirklich brauchen?

Corporate Grassroots ist eine aus den USA kommende Mobilisierungsstrategie, die bei der Basis – also bestehenden Überzeugten und Superfans ansetzt. Hier soll durch professionelles Fanmanagement Rückenwind für die eigene Organisation erzeugt werden. Dafür werden Menschen direkt gefragt, warum sie eine Fanseite lieben.

Von Aktivität zu Menschen

Die Referentin fordert echtes Engagement beim Fansupport, z.B. im Rahmen von speziellen Events. Denn schließlich sollen ja nicht nur bestehende Superfans motiviert werden, man möchte auch neue gewinnen. In jedem Fall muss man sich Mühe geben, denn ihrer Meinung nach funktioniert folgender Zusammenhang:

  1. Aktivität bringt Identifikation.
  2. Identifikation bringt Deklaration.
  3. Deklaration bringt Stimmung.
  4. Stimmung bringt Menschen.

Michaela Mojzis-Böhm geht es darum, Menschen zu mobilisieren, Superfans aber vor allem Wertschätzung und Anerkennung entgegenzubringen, also bei den Grassroots/Basics anzufangen.

Ritchi Pettauer (Online Marketing Beratung, @datenschmutz)

Als vierter Referent des Abends berichtet Ritchi Pettauer, wie man Superhater unschädlich machen bzw. sie sogar zu Superfans werden lassen kann. Seiner Meinung sind auch Trolle nur eine Art der Markenbotschafter, deren Potential es zu entdecken und zu entfesseln gilt.

Superfans und Superhater – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

IMG_0995Fans und Trolle eint ihre starke emotionale Involvierung, die eben bei beiden in unterschiedliche Richtungen ausschlägt. Der Unterschied liegt darin, dass Superfans eher langsam generiert werden und demnach viel Zeit zum Wachsen einer Fancommunity nötig ist. Trolle/Superhater werden hingegen in Echtzeit generiert: Hier gibt es keine Zeitverzögerungen. Meist entstehen ihre negativen Emotionen hinsichtlich einer Sache durch eine Verkettung von unglücklichen Zufällen, wie dem wiederholten Zusenden automatisierter Mahnbriefe.


Ritchi Pettauer betont, dass der traditionelle Vertriebs- und Medienkomplex (TraVerMeKo) schon lange nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist: Es funktioniert eben nicht, nur noch in Werbung zu investieren. Bei einer immer unübersichtlichen Auswahl von Wahlmöglichkeiten sinkt die Zeit jeder einzelnen Person, sich mit diesen noch eingehend zu beschäftigen. Deswegen sind Menschen auch nur noch schlecht durch traditionelle Werbung zu erreichen. Daher hier zum Abschluss die vierstufige Anleitung zur Herstellung von Superfans:

  1. Kundenzufriedenheit herstellen!
  2. Servicelevel halten oder erhöhen!
  3. Den eignen Fans zuhören!
  4. Auf Feedback reagieren!

Unser Resümee: Ein gelungener Abend mit jeder Menge Input!

Laura Müller

(c) Laura Müller, www.vervievas.com

Auch wenn die vier ReferentInnen einige Themenkomplexe unbeantwortet ließen, wie z.B. wie man denn nun aus einem Superhater einen Superfan machen kann (einstimmige Antwort: Im Extremfall hilft einfach nur das Blockieren.), war der Vortragsabend aufschlussreich und sehr innovativ. Wir haben einmal mehr gemerkt, dass wir nicht stehen bleiben dürfen und dass es Trends und Veränderungen gibt, die gerade hinsichtlich des Social Media Bereiches in anderen Teilen der Welt schon Alltag geworden sind.


 

Arbeiten wir also gemeinsam daran, dass wir auch diese so schnell wie möglich realisieren, indem wir nicht nur uns zu Superfans machen!